Reisebericht Argentinien
Einreise & Motorradimport:
Detaillierte Infos zu Einreisebestimmungen sowie zum temporären Fahrzeugimport findest du in unseren Länderinfos & Reisetipps Südamerika
Route:
Esquel - Futalaufquen (Park Nacional los Alerces) - Cholila - El Bolson - San Carlos de Bariloche - Piedra de Aguila - Neuquen - Choele Choel - Bahia Blanca - Tornquist - Villa Ventana -
Azul
Die Route auf der Google Karte dient der Übersicht und zeigt im Großen und Ganzen unsere gefahrene Strecke, im Detail kann es aber zu Abweichungen kommen.
Gefahrene Kilometer von Burghausen:
90.707 Km
Spritpreis:
1,10 € (93 Oktan)
Währung:
Argentinische Pesos
Probleme mit den Motorrädern:
- Windschildhalterung ausgetauscht (Alperer)
- Bremsscheibe hinten ersetzt (Alperer)
- Ritzel gewechselt (Dicke Rosi)
Stürze/ Umfaller: -
Gesundheit/ Verletzungen: -
Wir verbringen gleich mehrere Tage auf unserem neuen, leider nicht ganz billigen Zeltplatz im Herzen von Esquel, da wir hier endlich schnelles WiFi haben. Während Helmut zwei neue Reiseberichte verbaut, kümmert sich Bea um die Aktualisierung ihres Reisetagebuchs, schreibt und beantwortet Emails und auch einige Forenbeiträge. (GPS: S42 54.480 W71 18.382) Zwischendurch werden dann noch schnell einige Ladung Wäsche per Hand gewaschen und einige kleinere Reparaturen an den Motorrädern durchgeführt und schon ist unsere Zeit auf dem Zeltplatz auch schon wieder vorbei. Vorallem unsere Ritzel sehen schon etwas bedenklich aus...
Leider haben wir auch einen etwas ärgerlichen Vorfall zu beklagen, denn einer der unzähligen Straßenhunde, die auch auf den Zeltplätzen herum streunen, hat uns des Nächtens doch glatt an unser Zelt gepinkelt! Neeeiiinnnn!!! Schnell versuchen wir die Sauerei mit reichlich heißem Wasser und Spülmittel weg zu wischen, nicht, dass uns in Zukunft jeder Hund gegen unser Zelt pinkelt, weil auch er sein Revier markieren will. An unserem letzten Abend auf dem Platz kocht Bea eine große Portion leckeres Chili con Carne, bevor wir uns in unser Zelt verziehen und die Stromversorgung unserer Parzelle nutzen, um noch einmal einen Film auf dem Laptop anzuschauen. Ach, an diesen Luxus könnten wir uns glatt gewöhnen!
Weniger luxuriös ist allerdings, dass die beiden Reissverschluss-Schlitten der inneren Zelttüre nun endgültig ihren Geist aufgegeben haben und sich die Türe daher nicht mehr schließen lässt. Da wir aber keine Lust mehr haben mitten in der Nacht zwei der „Zlide On“-Zipper, die wir zum Glück noch auf Reserve dabei haben, einzubauen, beschließen wir die Türe einfach offen zu lassen. Diese glorreiche Idee entpuppt sich jedoch in den frühen Morgenstunden als böser Fehler, denn die heutige Nacht ist ziemlich kalt und durch die geöffnete Innentür kühlt die Schlafkammer unseres Zeltes so richtig aus, so dass wir beide im frühen Morgengrauen fröstelnd erwachen. Na super! *brrr* Als Helmut gegen 8 Uhr aus dem Zelt klettert und einen Blick aufs Thermometer wirft, wissen wir dann auch warum, denn das kleine Display zeigt nur 1 Grad an! Bea, die angesichts dieser kühlen Temperaturen am liebsten gar nicht aus ihrem Schlafsack kriechen möchte, bekommt von Helmut erst mal eine Tasse heißen Kaffee ans „Bett“ gereicht. Wow, was für ein Service!
Nach einem kurzen Stopp am örtlichen Supermarkt, wo wir uns mit Lebensmittelvorräten für die nächsten drei Tage eindecken, geht es in Richtung Parque Nacional los Alerces. Bereits die Fahrt dorthin macht dank der kurvigen Strecke und des sommerlichen Wetters so richtig Laune und so genießen wir sie in vollen Zügen.
Am Parkeingang werden dann 80 argentinische Pesos Eintritt pro Person fällig. Das wäre an sich keine besonders hohe Summe, doch in Anbetracht dessen, dass die Einheimischen nur 25 Pesos pro Nase berappen müssen, wir Ausländer aber mehr als dreimal so viel, kommen wir uns schon ein wenig verarscht vor… Es ist zwar nicht das erste Mal, dass wir als Ausländer einen mehr als doppelt so hohen Eintrittspreis für einen Nationalpark oder eine Sehenswürdigkeit zahlen müssen, doch man stelle sich dieses Vorgehen mal in Deutschland vor. Da wäre das Geschrei groß!
In dem winzigen Örtchen mit dem für uns fast unaussprechlichen Namen Futalaufquen steuern wir die Nationalparkverwaltung an, da Helmut eine Angellizenz erwerben möchte. In der Nationalparkverwaltung erfahren wir allerdings, dass besagte Lizenz nur im örtlichen Supermarkt zu kaufen ist. Na gut, dann eben dort hin. Da es früher Nachmittag ist, wundert es uns nicht, dass der Besitzer des Supermarktes gerade Siesta hält und das Geschäft erst um 17:30 Uhr wieder öffnet. Na gut, dann gibt´s vorerst eben keine Angellizenz. Von Futalaufquen machen wir uns auf den Weg um den gleichnamigen See herum in Richtung Norden. Von einem der Nationalparkmitarbeiter haben wir den Tipp bekommen, dass der kostenlose Zeltplatz „Quebrade del León“, der etwa auf halber Strecke entlang des Sees liegt, besonders idyllisch sein soll.
Seit Wochen wüten heftige Buschfeuer
Wir hatten in Esquel bereits mitbekommen, dass in dem Gebiet um Cholila gut 50 km nördlich des Parque Nacional los Alerces seit Wochen heftige Buschfeuer wüten, die je nach Windrichtung den Himmel über Esquel in eine rötlich-braune Aschewolke hüllen. Hier am Südufer des Lago Futalaufquen präsentiert sich uns heute jedoch ein Anblick, der noch viel gravierender ist als in Esquel. Der komplette See ist eingehüllt in eine gigantische Dunstglocke aus milchig rötlich-braunem Rauch und Staub, so dass weder das gegenüber liegende Ufer noch die den See einrahmenden Bergkämme zu erkennen sind! Trotz dieser gewaltigen Rauchwolke gibt es laut den Rangern im Nationalpark selbst jedoch keine Feuergefahr. Kurz bevor wir an besagtem Zeltplatz ankommen stoppen wir noch einmal an einem kleinen Hotel, das laut Werbetafel ebenfalls Angellizenzen verkauft.
Während Bea bei den Motorrädern wartet, macht sich Helmut auf den Weg. Keine fünf Minuten später kommt er allerdings schon wieder und berichtet Bea kopfschüttelnd von den Preisen, die hier für die Angellizenzen verlangt werden. Unglaubliche 270 Pesos pro Tag oder 810 Pesos pro Woche wären – natürlich nur für Ausländer mal wieder – wir für die entsprechende Lizenz schuldig. Umgerechnet wären das 27 Euro für einen Tag bzw. 81 Euro für eine Woche. Bei diesem dreisten Preis hört sich bei uns der Spaß auf, denn solch eine Touristen-Abzocke wollen wir auf gar keinen Fall unterstützen. Gut, dann wird eben "dunkelgrau" geangelt. Was für ein Ärgernis!
Zu unserer großen Freude ist aber zumindest der weitläufige Platz, den uns der Ranger empfohlen hat, wunderbar idyllisch am breiten, grobkiesigen Ufer des Lago gelegen und etliche bis zu 50 m hohe und steinalte Alerces-Bäume spenden ausreichend Schatten. Wir suchen uns einen Platz der möglichst nahe am Ufer liegt, aber dennoch durch eine Gruppe Büsche und Bäume etwas vom kräftig blasenden Nordwest-Wind geschützt ist. (GPS: S42 48.692 W71 39.082). Schnell sind Zelt und Feldküche aufgestellt und wir machen es uns erst mal mit einer Tasse Kaffee am Seeufer gemütlich und genießen die tolle Aussicht auf die dicht bewaldeten Berge und den tiefblau leuchtenden See.
Den weiteren Nachmittag verbringt Helmut damit einige Fotos unseres Campingequipments zu machen, da er die entsprechende Rubrik auf unserer Homepage aktualisieren will und er spielt sich mit ein paar kleinen Modifikationen an seinem „Alperer“. Bea hingegen filtert einige Liter Trinkwasser aus dem See und wandert anschließend etwas am Ufer des Lago entlang in Richtung Norden um die Gegend zu erkunden. Zu späterer Stunde wird fleißig Feuerholz gesucht, damit wir in der steinernen Feuerstelle, mit der jeder der Plätze ausgestattet ist, am Abend ein wärmendes Lagerfeuer entzünden können. Leider frischt der Wind gegen Abend hin auf, so dass es trotz der Mauer aus Büschen, die unseren Zeltplatz in Richtung Nordwesten umgibt, relativ ungemütlich wird. Die kräftigen Böen wirbeln Blätter, Staub und kleine Ästchen auf, die unser Vorzelt, die Motorräder und unsere Campingstühle mit einer dicken Staubschicht überziehen. Na prima! So muss Bea mit der Zubereitung des Abendessens bis zur Dämmerung warten, denn dann erst legt sich der Wind etwas und sie kann kochen, ohne dass ihr Essen eine gewisse „knirschende Würze“ bekommt und ihre Topfdeckel und Plastikteller davon fliegen. Dafür bekommen wir ein wundervolles Abendrot geboten, dass den Himmel und auch die Oberfläche des Sees in ein leuchtend violettes Licht taucht. Fast erscheint es uns, als würden die Wolken am Himmel in Flammen stehen, so hell lodern sie in leuchtendem gelb und kräftigem orange auf.
Der Wind frischt nicht nur auf, er entwickelt sich in einen handfesten Orkan
Wir sitzen noch lange vor unserem Zelt und genießen den relativ lauen Abend und die herrliche Stille um uns herum, denn wir sind zu unserer großen Freude die einzigen Camper auf dem Platz. Wir lauschen dem Rascheln des Windes in den Baumkronen hoch oben über unseren Köpfen und dem sanften Plätschern der Wellen, die gegen das Ufer aus grobem Kies branden. Als wir gegen Mitternacht ins Bett gehen, währt der Frieden allerdings nicht lange. Nein, wir bekommen keinen ungebetenen Besuch, aber der Wind frischt nicht nur auf, er entwickelt sich in einen handfesten Orkan, der derart stark über den Uferwald und unser Zelt hinweg fegt, das wir stellenweise durch das ohrenbetäubende Getöse und wilde Rauschen des Waldes unser eigenes Wort nicht mehr verstehen. Auch unser Zelt wird über mehrere Stunden hinweg wild hin und her geschüttelt und der Wind bläst den aufgewirbelten Staub sogar zwischen der Außen- und Innenhaut unseres Zeltes hindurch und durch das feine Fliegengittergewebe des Innenzeltes bis in unsere Schlafkammer, wo er unsere Schlafsäcke mit einer feinen Dreckschicht überzieht. Nein, so was haben wir noch nie erlebt!
An unserem letzten Morgen im Parque Nacional Los Alerces hat es uns dann endgültig erwischt. Es schüttet wie aus Eimern und wir müssen unser Zelt klitsch nass und voller Sand und Dreck abbauen. Na super! Auch der tolle Regenbogen, der sich von einem Ufer des Sees zum anderen spannt, als sich die Sonne für einige wenige Minuten blicken lässt, kann unsere Laune nicht wirklich bessern.
Die knapp 50 km lange Fahrt durch den Park und entlang einiger weiterer Seen, die sich gen Norden aneinander reihen ist Dank der tief hängenden Regenwolken und den kontinuierlich fallenden Tropfen ziemlich trist. Wir bekommen zwar einige tolle Ausblicke auf den Lago Futalaufquen, den Lago Verde, den Rio Rivadavida und den sich anschließenden Lago Rivadavia, doch wegen des schlechten Wetters erscheinen sogar die Seen grau, stürmisch und ungemütlich.
Als wir Cholila erreichen, hat uns der Asphalt wieder und auch der Regen hat nun endlich aufgehört. Daher stoppen wir erst mal am Straßenrand und genehmigen uns eine kleine Stärkung in Form eines Sandwiches und versuchen unsere Motorradhandschuhe und Regenhauben ein wenig zu trocknen. Mittlerweile ist auch die Temperatur wieder auf knapp 20 geklettert und so macht die Fahrt entlang der wunderbar kurvigen Strecke in Richtung Norden richtig viel Spaß.
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Zwischen grünen Berghängen, wild plätschernden Flüssen und strahlend blauen Seen folgen wir der Ruta 40 in Richtung San Carlos de Bariloche. Das spätsommerliche Wetter, der intensive Duft nach Wald und Gräsern und die Landschaft um uns herum sind so herrlich, dass wir etwa auf halber Strecke eine Pause auf einer Anhöhe mit tollem Ausblick einlegen. Wir inhalieren die frische Luft und genießen die wärmenden Sonnenstrahlen auf unserer Haut. Ach ist das schön! In Bariloche angekommen geht es schnurstracks in den Arelauquen Golf & Country Club, wo unser Freund Diego arbeitet und auch wohnt. Wir fahren durch das riesige Areal mit über 300 Luxusvillen sowie einem Golf- und einem Poloplatz, bis wir das Häuschen erreichen, das Diego mit seiner Familie bewohnt und in dem wir bereits über Silvester zu Gast waren.
Die Wiedersehensfreude ist groß und wir verbringen einen sehr netten Abend mit ihm und seiner Frau Soledad. Wir berichten ihnen von unseren Reiseerlebnissen der letzten zwei Monate und bewundern die kleine Emma, die ein riesiges Stück gewachsen ist und nun auch schon ganz angeregt mit uns plaudert. Gegen Mitternacht fallen wir dann aber ziemlich erschöpft in unsere Betten und genießen den seltenen Luxus, einmal nicht in unserem Zelt schlafen zu müssen, in vollen Zügen.
Obwohl wir am nächsten Morgen eigentlich früh los wollten, kommen wir einfach nicht in die Gänge. Ob das wohl an den bequemen Betten liegt? Nach einem Kaffee und einem schnellen Frühstück sind die Motorräder dann aber relativ schnell bepackt, doch es ist trotz allem bereits Mittag, als wir uns von Soledad und der kleinen Emma verabschieden. Diego haben wir bereits am Morgen verabschiedet, da er arbeiten muss. Wir drücken Emma und Soledad noch einmal herzlich und hoffen, die Drei irgendwann irgendwo noch einmal wieder zu sehen. Bis dahin wünschen wir ihnen alles Gute für ihre kleine Familie!
Von Bariloche aus nehmen wir die Ruta 237 in Richtung Neuquen. Die Strecke entpuppt sich als echtes Highlight, führt sie doch in sanften Kurven und Kehren immer am Rio Limay entlang. Die hügelige Landschaft ist von zartgrünen Wiesen und nahe des breiten Flusses auch von einigen Bäumen gesäumt. Auch das Wetter, das heute wieder herrlich warm und sonnig ist, tut sein Übriges und so fahren wir in bester Laune gen Norden. Am Abend schlagen wir unser Zelt an einem kleinen See auf und geniessen neben einem erfrischenden Bad auch einen traumhaften Sonnenuntergang.
Am Morgen ist Helmut schon früh auf den Beinen und bereitet nicht nur Saft und Morgenkaffe vor, nein, heute zaubert er sogar ein umfangreiches Frühstück mit Wurst und Käse sowie frischem Obst auf den Tisch. Warum? Na weil heute Bea´s Geburtstag ist! Erst als alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, darf Bea aus dem Zelt kommen. Zusätzlich zu dem leckeren Frühstück hat Helmut aber noch eine weitere kleine Überraschung für das Geburtstagskind vorbereitet: einen Kupplungs-Kuchen! Ja, richtig gehört! Der Kuchen besteht aus sieben Scheiben feinstem Sintermetall, dazwischen stapeln sich einige knusprige Stahlscheiben. Garniert wird das Ganze mit einer knackigen Kruste aus Aluminiumguss vom Kupplungsgehäuse sowie einer Stumpen-Kerze. Also wenn das mal nicht der leckerste und vor allem einfallsreichste Kuchen der Welt ist!
Leider kommen wir im Laufe des Tages immer langsamer voran, was aber weniger am Zustand der Straße oder dem üppigen Verkehrsaufkommen liegt, sondern viel mehr daran, dass das Ritzel der „Dicken Rosi“, das schon seit längerem nicht mehr das Beste ist, seit heute so deutlich rutscht, dass Bea kaum mehr die 100 km/h Marke halten kann, so rattert das Teil. Nein, nun muss es definitiv gewechselt werden. Wie gut, dass Helmut bereits Ersatz dabei hat.
Von Bahía Blanca aus folgen wir der Ruta 33 gen Norden. Das Wetter ist mittlerweile nicht mehr sonnig und warm, denn eine breite, tiefgraue Regenfront ist aufgezogen, die nichts Gutes verheißt. Da es mittlerweile auch schon relativ spät ist und die Sonne immer früher unter geht, je weiter wir nach Norden fahren, beginnt es bereits zu dämmern, als wir in dem kleinen Örtchen Tornquist stoppen, um uns im örtlichen Supermarkt mit frischen Lebensmitteln für den Abend einzudecken. Auch der Wind hat nun kräftig aufgefrischt und bläst Herbstlaub und Staub durch die Straßen des kleinen Ortes. Als wir uns von Tornquist endlich auf machen in Richtung Sierra de la Ventana, wo man angeblich ganz toll an einem Fluss zelten kann, ist es fast dunkel. Außerdem scheint es in der Gegend erst vor kurzem ziemlich heftige Niederschläge gegeben zu haben, denn viele Wiesen stehen knietief unter Wasser und die umliegenden Feldwege haben sich in eine einzige Schlammschlacht verwandelt.
Daher beschließen wir das mit dem Buschcampen heute sein zu lassen und lieber einen Campingplatz anzufahren, bevor es stockfinster ist. Allerdings gestaltet sich dieser Plan als nicht ganz so einfach, denn der erste Platz den wir anfahren, liegt auf der anderen Seite eines Flusses, der Dank der Regenschauer deutlich an Wasser zugelegt hat und nun die kleine betonierte Brücke, die über den Fluss führt, gut 40 cm hoch überflutet. Hm, normalerweise sind wir nicht so mädchenhaft, aber um diese späte Uhrzeit haben wir eigentlich keine Lust mehr auf nasse Füße und so steuern wir den nächsten Platz an, der nur 5 km weiter im Parque Provincial Ernesto Tornquist liegt. Kaum biegen wir in den Naturpark ab, stehen wir schon wieder vor dem selben Fluss. Inzwischen ist es dunkel und der Zeltplatz liegt natürlich wieder auf der anderen Seite des Ufers, nur diesmal gibt es keine Brücke und wir müssten den stark strömenden Fluss durch das mit großen Steinen durchzogene Flussbett queren. Scheiße! Das darf doch nicht wahr sein! Okay, letzter Versucht. Laut Navi gibt es in einem Ort nur wenige Kilometer entfernt einen Camping Municipal. Der wird doch hoffentlich nicht auch auf der anderen Flussseite liegen! Mittlerweile ist es stockfinster und wir müssen unsere Geschwindigkeit drosseln, so dauert es eine ganze Weile, bis wir den kleinen Ort Villa Ventana erreicht haben. Gleich am Ortseingang müssen wir auch hier wieder eine Brücke über besagten Fluss überqueren. Diese ist zwar nicht überflutet, doch von einer dicken schlammigen Schicht überzogen, denn der Fluss scheint auch diese Brücke vor nicht allzu langer Zeit noch überspült zu haben. Auf der anderen Seite angekommen folgen wir der holperigen Hauptstraße in das Dorf hinein, bevor uns unser Navi befiehlt links in eine schmale, unbeleuchtete Straße abzubiegen. Leider hat das Unwetter auch den Schotterstraßen hier im Dorf ganz schön zugesetzt, denn die kleine Seitenstraße ist extrem ausgewaschen und die tiefen Furchen, die das hangabwärts stürzende Regenwasser ausgespült hat, sind mit rutschig-klebrigem Schlamm gefüllt, den Helmut in seinem Übermut mal wieder unterschätzt und beinahe samt Motorrad auf der Seite landet, so heftig rutschen die Reifen auf dem steilen, batzigen Untergrund weg.
Dank eines starken Unwetters sind die Straßen im Ort eine Katastrophe
Nachdem wir uns endlich die kleine Straße hinab gequält haben, geht es unten auf einer ebenfalls ziemlich schlammigen und rutschigen Piste weiter. Das darf doch nicht wahr sein!!! Bea, die sich ihren Geburtstagsabend definitiv anders vorgestellt hat, ist schon ziemlich genervt und beschließt daher kurzerhand in einem der kleinen Läden, der noch geöffnet hat, nach dem Weg zum Campingplatz zu fragen. Die Dame erklärt ihr, was wir bereits am eigenen Leib erfahren haben, nämlich, dass sie heute ein extrem heftiges Unwetter hatten und dass alle Straßen des Dorfes deshalb in sehr schlechtem Zustand seien. Sie zieht einen Stadtplan heraus und erklärt Bea, wo wir hin müssen. Zu unserem Entsetzen liegt auch der Camping Municipal auf der anderen Seite des Flusses. Nein, nicht schon wieder! *ahahahah* Die recht freundliche und hilfsbereite Dame erklärt uns zwar, dass eine Brücke über den Fluss führt, doch der Weg dorthin soll auf Grund des Regens ebenfalls sehr schlecht sein. Na super…
Es dauert nochmal eine gefühlte Ewigkeit, bis wir uns im stockfinsteren endlich über eine weitere steil abfallende und stark ausgewaschene Kiesstraße bis zu besagter Brücke durchgekämpft haben. Das positive ist, die betonierte Brücke ist noch da und wird auch nicht mehr vom reißenden Fluss überspült, das negative ist allerdings, dass das Hochwasser nicht nur das Eisengeländer der Brücke weg gerissen hat, es hat auch eine dicke Schlammschicht auf der Brücke hinterlassen, durch die wir uns nun auch noch durchwühlen müssen, bevor es auf der anderen Seite wieder steil nach oben zum Zeltplatz geht. Speziell für Bea´s Motorrad ist "steil" inzwischen ein ernsthaftes Problem, da die Kette mittlerweile fast nur noch durchrutscht und Helmut ein wenig anschieben muss, damit Bea und ihre "Dicke Rosi" die Steigungen bewältigen. Endlich an unserem Ziel angekommen – es ist bereits nach 21 Uhr – checken wir zähneknirschend in den mit 150 Peso relativ teuren Zeltplatz ein. Doch in Anbetracht der späten Uhrzeit und nach unserer ungeplanten, nächtlichen Offroad-Einlage haben wir definitiv keine Lust mehr, uns auf die Suche nach einem anderen Platz zu machen. (GPS: S38 05.409 W61 55.905)
Bevor wir nun endlich zum gemütlichen Teil übergehen und Abendessen kochen, hüpft Bea noch schnell unter die Dusche, denn die letzten 1 ½ Stunden Offroad-Geholper im Dunkeln haben sie ganz schön schwitzen lassen. Leider hat der Zeltplatz für seinen knackigen Preis nur ziemlich schäbige Toiletten und ähnlich heruntergekommene Duschen ohne heißes Wasser zu bieten, doch das ist ihr im Moment völlig egal, Hauptsache es kommt überhaupt Wasser!
Frisch geduscht und umgezogen öffnen wir erst mal den Sekt, den wir von Diego geschenkt bekommen haben und stoßen auf Bea´s Geburtstag und die schlussendlich doch noch erfolgreiche Ankunft auf dem Zeltplatz an. Bis unser Abendessen – es gibt ein schnelles Gericht aus Nudeln mit Schinken und Ei – endlich fertig ist, ist es bereits 23 Uhr. Wir haben mittlerweile solchen Hunger, dass wir uns jeder in Windeseile eine riesige Portion in unsere Mägen schaufeln, bevor wir total vollgegessen und plötzlich ziemlich erschöpft und müde in unsere Schlafsäcke sinken.
Am nächsten Morgen sieht die Welt schon wieder viel besser aus. Der Himmel ist fast wolkenlos und die Aussicht auf den Fluss ist bei Tageslicht wirklich klasse. Noch vor dem Frühstück mach sich Helmut daran das abgenutzte Ritzel an Bea´s „Dicker Rosi“ zu wechseln, während Bea ihr Reisetagebuch nachtippt, da sie die letzten Tage nicht dazu gekommen ist. Sobald wir die ziemlich ausgewaschen Auffahrt aus grobem Schotter nach der Brücke geschafft haben, entschließen wir uns am Fluss entlang Richtung Ortsausgang zu fahren in der Hoffnung, dass der untere Weg nicht so ausgespült ist wie der, den wir gestern Nacht gekommen sind.
Allerdings müssen wir auch hier noch zwei weitere Male über einige etwas gröbere Stellen, an denen der gestrige Starkregen Steine, Schlamm und Erde vom Hang hinab in den Fluss gespült hat. Doch als wir auch diese kleineren Hindernisse erfolgreich gemeistert haben, ist die restliche Strecke durch das Dorf und zurück auf die geteerte Hauptstraße nur noch ein Klacks.
Dank der schönen und abwechslungsreichen Landschaft vergeht die Fahrt wie im Fluge und es ist erst Nachmittag, als wir im berühmten „La Posta del Viajero en Moto“ in Azul ankommen. (GPS: S36 47.449 W59 52.272) Wir hatten bereits von mehreren anderen Motorradreisenden von Besitzer Jorge und seiner Anlaufstelle für Motorradreisende gehört und wollten uns diesen speziellen Ort natürlich nicht entgehen lassen. Kaum haben wir unsere Motorräder vor der Einfahrt abgestellt, da kommt Jorge auch schon heraus gelaufen und begrüßt uns herzlich.
Als wir durch das Tor in seinen Garten fahren, können wir unseren Augen kaum trauen, denn wir sind quasi im Paradies gelandet. Vor uns tut sich ein großer Garten mit Bäumen, grünen Wieses und Teichen auf. Enten und sogar drei Flamingos watscheln frei herum und… Moment mal, da stehen ja bereits zwei Motorräder in Jorges Garten, die wir kennen! Es sind Karin und Markus, die beiden Schweizer, die wir bereits in Ushuaia getroffen hatten (www.2infahrt.ch). Die Wiedersehensfreude ist groß und so beschließen wir zur Feier des Tages mit Jorge und seiner Familie am Abend ein kleines Asado zu veranstalten. Als Jorge erfährt, dass Bea erst gestern Geburtstag hatte, baut er ihr spontan aus einer Mehrfach-Steckdose und einer dünnen Kerze einen weiteren skurrilen Geburtstagskuchen. Wie nett!
Extra für seine Schweizer und Deutschen Gäste hisst Jorge, dessen Spitzname im Übrigen „Pollo“ lautet, was zu Deutsch „Hähnchen“ bedeutet, unsere jeweiligen Landesflaggen. Wir finden zwar, dass die deutsche Flaggen im Gegensatz zur schweizerischen etwas mickerig ist, aber wir wollen ja nicht kleinlich sein.
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Bea & Helmut (Donnerstag, 04 Juni 2015 00:05)
@Klaudia: vielen Dank für die lieben Wünsche! Bei den Südamerikanern tickt die Zeit sowieso langsamer, also alles im grünen Bereich! ;-)
Tobi (Dienstag, 19 Mai 2015 13:34)
Richtig, da hatte ich mich versehen. Irgendwo tauchte ein österreichisches Schild auf, dass ich fälschlicher Weise für eines von euren gehalten habe.
Viele Grüße aus dem viel zu kalten Hamburg
Bea & Helmut (Samstag, 09 Mai 2015 08:41)
@Tobi: Das erste Nummernschild von Helle, mit dem wir von Zuhause gestartet sind, hat sich in Australien in mehreren Teilen verabschiedet und so musste Ersatz her. Mit einem Ersatzteilpaket haben wir uns dann einfach ein neues Schild schicken lassen und das verrichtet seither seinen Dienst, d.h. schon seit über zwei Jahren.
Karo4030 (Donnerstag, 07 Mai 2015 21:28)
Und von mir nachträglich auch noch alles Gute zum Geburi Bea :-) Bin ja irgendwie Familie und darf deshalb.
Wie immer spannend euer Reisebericht und oft sorge ich mich dann auch um euch. Passt bei aller Abenteuerlust bitte trotzdem gut auf und riskiert nichts. Mir im Rollstuhl kommt sowieso vieles gefährlich vor, was sicher nicht wirklich gefährlich ist. Gute weitere Reise euch zwei und viel Spaß auch.
Tobi (Donnerstag, 07 Mai 2015 14:20)
Hallo ihr zwei, ich freue mich jedes mal über eure tollen Berichte. Viele Danke dafür. Was mich brennend interessiert: Warum wechselt Helle ständig sein Nummernschild? Und vor allem: Wie macht man das, wenn man so weit weg von zu Hause ist?
Ich wünsche euch weiterhin gute und vor allem un- und umfallfreie Fahrt.
VG
Tobi