Reisebericht Paraguay
Einreise & Motorradimport:
Detaillierte Infos zu Einreisebestimmungen sowie zum temporären Fahrzeugimport findest du in unseren Länderinfos & Reisetipps Südamerika
Route:
Encarnacion - San Ignacio - Asuncion - Caacupe - Piribebuy - Santa Elena - Villarica - Paraguari Aregua - Asuncion - Pozo Coldrado - Filadelfia
Die Route auf der Google Karte dient der Übersicht und zeigt im Großen und Ganzen unsere gefahrene Strecke, im Detail kann es aber zu Abweichungen kommen.
Gefahrene Kilometer von Burghausen:
99.199 Km
Spritpreis:
0,97 € (92 Oktan)
Währung:
Paraguayischer Guarani
Probleme mit den Motorrädern:
- Öl gewechselt (beide Motorräder)
- Vorderreifen Mitas E10 aufgezogen (beide Motorräder)
- Wasserpumpe wegen Leckage gewechselt (Dicke Rosi)
- Vergaser gereinigt und synchronisiert (Dicke Rosi)
- Luftfilter gereinigt (beide Motorräder)
- Kettenöler CLS Evo Tour und CLS Heizgriffe verbaut (beide Motorräder)
Stürze/ Umfaller: -
Gesundheit/ Verletzungen: -
In Paraguays Hauptstadt Asuncion sind wir zu Gast bei dem deutschen Auswanderer und Motorradenthusiasten Friedhelm, mit dem wir bereits seit über einem
Jahr in Kontakt sind, und der bereits mehrfach als Anlaufstelle für Ersatzeilpakete von uns herhalten musste. Friedhelm nach all der Zeit endlich auch einmal persönlich kennen zu lernen (www.paraguay-motos.org), ist klasse und wir verstehen uns auf Anhieb prima. Zufällig ist auch noch Charly, ein weiterer Motorradreisender bei ihm zu Gast und so gibt es natürlich jede Menge zu erzählen.
Gleich an unserem ersten Tag in Asuncion statten wir dem örtlichen Touratech-Händler einen Besuch ab. Wer die großen Touratech-Filialen aus Deutschland kennt, der wird beim Anblick der winzigen paraguayische Filiale staunen, doch was der Laden nicht an Größe bietet, das machen seine Mitarbeiter mit ihrer super freundlichen Art wett! Wir hinterlassen einen unserer Sticker und natürlich darf auch ein Gruppenfoto samt Friedhelm und Charly nicht fehlen.
Bevor es zurück zu Friedhelm geht, statten wir einem Supermarkt mit europäischem Sortiment einen Besuch ab. Die Preise für die zumeist aus Deutschland importierten Waren sind zwar ziemlich knackig, doch wir können unseren Augen kaum trauen, sind die Regale doch voll mit Sauerkraut, Nutella und Paprika-Chips. Wir sind im Paradies! Am Abend schmeißt Friedhelm den Grill an und wir veranstalten ein leckeres Asado zusammen mit einigen von Friedhelms Bekannten. Wir verbringen einen sehr netten Abend und speziell unter uns Motorrad-Enthusiasten wollen die Gesprächsthemen einfach nicht ausgehen und so sitzen wir bis tief in die Nacht zusammen, was angesichts der seit längerem endlich mal wieder einigermaßen angenehmen Temperaturen so richtig Spaß macht.
Gleich am nächsten Tag – es ist Sonntag – geht es weiter im Programm, denn Friedhelm hat sowohl uns wie auch Charly zu einer Motorradausfahrt mit dem lustigen Namen „Winterfest“ angemeldet. Ja, richtig gehört! Da in Paraguay sehr viele deutschstämmige Einwanderer wohnen, findet man an jeder Ecke Einflüsse Deutscher Sprache und auch Kultur. So verwundert es nicht, dass die Ausfahrt zu einem Gasthof namens „Alte Liebe“ gut 100 km außerhalb von Asuncion führt, wo dann auch typisch deutsches Essen serviert wird.
Auf der Fahrt schließt sich auch der Deutsche Klaus mit seiner Frau unserer Gruppe an, mit dem wir ebenfalls bereits seit einiger Zeit in Email-Kontakt sind. Wir haben einen Heidenspaß mit unserer Klasse Truppe und genießen einen herrlichen Nachmittag zusammen mit den knapp 100 Teilnehmern der Motorradausfahrt.
Während es für Charly heute bereits weiter geht, nehmen wir das tolle Angebot von Friedhelm an, noch einige weitere Tage in einem kleinen Apartment bei ihm zu wohnen und widmen uns ganz unseren Motorradweltreise-Aufgaben. Helmut muss die Bilder und Videos der letzten Tage sortieren und archivieren und einen neuen Reisebericht online stellen, bevor er weiter an unserem ersten Südamerika-Video bastelt und Bea muss unter anderem ihr Reisetagebuch aktualisieren, eine ganze Reihe von Emails beantworten und den Newsletter zu unserem neuen Reisebericht versenden.
Unser Paket hängt bereits seit knapp zwei Wochen im paraguayischen Zoll fest
Außerdem nutzen wir unseren Aufenthalt in Asuncion um uns eine neue GoPro 3 + Black Edition zuzulegen. Wer sich nun wundert, warum wir schon wieder eine GoPro kaufen… leider hatte das wasserdichte Gehäuse unserer erst vor knapp 6 Monaten gekauften Kamera direkt an der Linse einen feinen Haarriss, der mit bloßem Auge nicht sichtbar war. Bei Helmuts Bad im Atlantik vor einiger Zeit hatte er die Kamera dabei und leider war Salzwasser in das Gehäuse eingedrungen und hat unsere fast neue GoPro binnen Sekunden zerstört. So müssen wir nun in den sauren Apfel beißen und uns das zweite Mal binnen 6 Monaten eine neue Helmkamera kaufen, was unsere Reisekasse gar nicht freut. Aber was soll man machen. Ach ja, und Bea´s neue, nur etwa zwei Monate alte Computer-Maus hat auch schon wieder ihren Geist aufgegeben und muss ebenfalls ersetzt werden. Das ist aber auch manchmal wie verhext mit der Elektronik. Neben unseren Computer-Aufgaben gibt es für Helmut natürlich auch wieder einige Schrauber-Arbeiten, die er an unseren beiden Motorrädern erledigen muss. Unter anderem müssen unsere Luftfilter dringend mal wieder gereinigt werden und Bea´s „Dicke Rosi“ läuft seit einiger Zeit nicht richtig rund.
Außerdem geht Helmut Friedhelm ein wenig zur Hand und die beiden werkeln fleißig an Friedhelms HPN. Ob das Motorrad nach der Komplett-Zerlegung allerdings in einem besseren Zustand ist als davor ist beim Anblick der beiden leicht angetrunkenen Chef-Mechaniker nicht unbedingt zu sagen.
Wir warten außerdem auf ein Paket mit Ersatzteilen aus Deutschland, doch leider hängt das bereits seit knapp zwei Wochen im paraguayischen Zoll fest und wir können nur hoffen, dass die Behörden das Paket doch irgendwann frei geben. An sich haben wir auch genug Aufgaben am Computer, die wir erledigen müssen, doch so in der Luft zu hängen ist auf Dauer nicht gerade toll und zu lange wollen wir Friedhelm dann auch nicht auf die Nerven gehen. Einige Tage später ist es dann zum Glück soweit und Helmut holt das Paket zusammen mit Friedhelm auf der Hauptpost in Asuncion ab. Nun heißt aber nichts wie los schrauben, denn zwei neue CLS EVO Tour Kettenöler sowie zwei paar neue CLS HEAT Heizgriffe wollen verbaut werden. Bei all diesen neuen Teilen freut sich Helmut wie ein kleines Kind zu Weihnachten!
Wir hatten bereits mehrfach gehört, dass andere Reisende Probleme mit der angeblich ziemlich korrupten Polizei in Paraguay, speziell auch in Asuncion, hatten und wie es der Zufall so will haben auch wir ein eher unschönes Erlebnis mit der Verkehrspolizei von Asuncion. Wir sind gerade zusammen mit Friedhelm auf unseren Motorrädern in der Innenstadt unterwegs, als die Ampel vor uns von Grün auf Orange umschaltet. Friedhelm fährt noch bei Grün drüber, Bea bei Orange und Helmut, der im chaotischen Verkehr von Asuncion den Anschluss an die Gruppe nicht verlieren will, fährt bei… naja, sagen wir mal Dunkelorange über die Ampel. Keine 20 m nach der Kreuzung werden wir dann auch schon von zwei Verkehrspolizisten raus gezogen, die sich hinter einer Kurve versteckt haben und wahrscheinlich genau auf solch einen Fall wie den unseren warten. Zuerst versuchen wir so zu tun als würden wir die Beamten nicht verstehen, denn sehr oft sind die ausländischen Polizisten irgendwann so genervt, dass sie die ausländischen Reisenden einfach wieder fahren lassen. Nicht aber in diesem Fall!
Die beiden Beamten bestehen darauf, dass wir mit auf die Wache kommen und dort eine Strafe von umgerechnet etwa 400 Euro für unseren mehr oder weniger eindeutigen Rotlicht-Verstoß berappen. Ach du Scheiße! Irgendwann stößt auch Friedhelm zu uns, der sein Motorrad in der Zwischenzeit eine Querstraße weiter in Sicherheitsabstand zu den Beamten geparkt hat. Gemeinsam wird nun hin und her diskutiert und versucht, die Strafe herunter zu handeln. Fast fühlen wir uns wie auf dem Türkischen Basar, so wird hier um jeden Peso gefeilscht. Und das Ende vom Lied? Wir bezahlen umgerechnet ca. 50 Euro in die private Tasche der Polizisten und dürfen fahren. Puh, da haben wir aber noch einmal Glück gehabt, denn das hätte echt teuer werden können!
Die Beamten wollen umgerechnet etwa 400 Euro Strafe von uns
An unserem letzten Abend bei Friedhelm veranstalten wir noch einmal ein großes Asado und zum Nachtisch hat Friedhelms Frau suuuuper leckeres selbstgemachtes paraguayisches Eis besorgt. Mhm, lecker! Auf diesem Wege möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei Friedhelm & seiner Familie für die tolle Zeit und die super Unterstützung bedanken! Friedhelm, wir freuen uns schon über die eine oder andere gemeinsame Runde und natürlich das eine oder andere Bier, wenn du mal wieder in Deutschland zu Besuch bist und auch wir wieder zurück in der Heimat sind!
Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis wir den zähen und chaotischen Verkehr der paraguayischen Hauptstadt hinter uns gelassen haben und auf dem berühmten Trans-Chaco-Highway in Richtung Westen fahren. Die Strecke ist (noch) gut in Schuss und die Landschaft eher langweilig und teilweise leider recht zugemüllt, so kommen wir zu Beginn wirklich gut voran.
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Mal abgesehen von einem Buschbrand direkt neben der Straße und einigen Polizeikontroll-Posten, auf deren Hinterhöfen es wegen der vielen konfiszierten Autos und Motorroller aussieht, als wären sie ein Schrottplatz, gibt es die nächsten 320 km nichts Bemerkenswertes zu berichten. Doch ab Kilometer 320 änder sich das. Wir wurden bereits davor gewarnt, dass der Trans-Chaco-Highway ab dieser Kilometermarke deutlich schlechter wird und es ist tatsächlich so. Die Schlaglöcher nehmen zu, teilweise gleicht die Straße einem Schweizer Emmentaler. Die entgegenkommenden Autos, Busse und LKWs versuchen den bis zu 30 cm tiefen und bis zu einem Meter großen Löchern auszuweichen, was teilweise die wildesten Ausweichmanöver zur Folge hat. Dass die Fahrzeuge dabei weit auf unsere Spur kommen und die Fahrer ihre Gefährt oft erst wenige Meter vor uns wieder zurück auf ihre Fahrbahnseite reißen, scheint hier völlig normal zu sein. So bleibt uns nichts übrig als unser Tempo deutlich zu drosseln und uns der schlechten Straße und dem halsbrecherischen Verkehr anzupassen.
So kommt es dann auch, dass die Sonne bereits am Horizont unter geht und wir noch immer knapp 80 km bis zu unserem heutigen Tagesziel, der Mennoniten-Kolonie Filadelfia, vor uns haben. Bei Dunkelheit sieht man die heimtückischen Löcher natürlich noch schlechter und so kriechen wir mit nur 30 – 40 km/h die letzten Kilometer. Wir sind heilfroh, als wir kurz vor 20 Uhr endlich das Haus von Artur & Irene erreichen. Der begeisterte Motorradfahrer Artur ist über das paraguayische Motorrad-Netzwerk auf uns Aufmerksam geworden und hatte uns zu sich eingeladen.
Und so verbringen wir einen tollen Abend zusammen mit ihm und seiner Frau sowie drei weiteren motorradbegeisterten Freunden von ihm am Lagerfeuer und bereiten ein typisch paraguayisches Nudel-Fleisch-Gericht namens Giso zu, das ganz traditionell in einem schweren Eisentopf über dem offenen Feuer gekocht wird. Mhm, lecker! Obwohl der Abend wirklich nett ist, sind wir von der langen Fahrt ziemlich erschöpft und so fallen wir heute Abend schon früh in die Betten.
Neben Spanisch wird hier auch eine Form von Plattdeutsch gesprochen
Am nächsten Morgen ist jedoch keineswegs ausschlafen angesagt, denn Artur und seine Freunde haben einen Ausflug in die Gegend rund um Filadelfia sowie den Besuch einiger Salzwasser-Lagunen geplant. Bevor es mit dem Jeep in den Chaco geht, laufen wir aber erst mal ein wenig durch Filadelfia und bestaunen die teilweise deutsche Vergangenheit der Mennoniten-Kolonie. Filadelfia wurde 1930 von Deutsch- und Russland-Menoniten gegründet und die Anhänger des mennonitischen Glaubens sprechen neben Spanisch nach wie vor auch eine Form von Plattdietsch und so können wir uns seit langem Mal wieder mit jedem unterhalten, den wir auf der Straße treffen. Wie komisch!
Am Nachmittag geht es dann mit Artur & Irene, Norman & Esther sowie Roland und einer jungen deutschen Austausch-Lehrerin, die für die Zeit ihres Praktikums bei Roland wohnt, in den Chaco. Der „Gran Chaco“ ist ein weitläufiges Gebiet aus Trockenwäldern und Dornbuschsavannen, der sich über ganz West-Paraguay bis nach Bolivien und Nord-Argentinien erstreckt. Im Chaco werden in den Sommermonaten die heißesten Temperaturen Südamerikas gemessen, die Winter sind trocken, jedoch immer noch tropisch warm. Wir fahren über viele Kilometer über sandig-staubige Pisten, bevor wir schließlich zu einigen Salzwasser-Lagunen kommen, die sich direkt neben der Strecke ausbreiten.
Langsam und behutsam laufen wir in Richtung Ufer, denn auf den Lagunen tummeln sich unzählige Flamingos, die wir nicht aufschrecken wollen. Wir beobachten die hell- dunkelrosa Vögel eine ganze Weile, wie sie auf der Suche nach Fressbarem durch die Lagune waten und das Wasser mit ihren langen, gekrümmten Schnäbeln durchsieben.
Es dämmert bereits, als wir die Farm von Roland erreichen und wir kommen in den Genuss eines traumhaften Sonnenuntergangs, der den Horizont in glühendes Orange taucht, dass von dem kleinen See, an dessen Ufer wir stehen, wiedergespiegelt wird. Leider tauchten pünktlich zum Sonnenuntergang auch tausende von Moskitos auf, für die unsere T-Shirts und Bea´s Leggins überhaupt kein Hindernis darzustellen zu scheinen und so werden wir munter gestochen. Na super! Bevor wir den Grill anwerfen, um das Abendessen zuzubereiten, hat Robert noch eine besondere Überraschung für uns. Er hat eine Schrotflinte und ein Kleinkaliber-Gewehr dabei und bietet uns je einen Probeschuß an. Helmut, waagemutig wie immer, versucht sich Terminator-mäßig an der Schrotflinte, die neben einem gewaltigen Knall auch einen mehr als ordentlichen Rückschlag hat. Bea entschließt sich daher für die Mädchen-Variante und feuert mit dem Kleinkaliber-Gewehr einige Male auf den Teich. Wow, was für ein Erlebnis! Unglaublich!
Während wir uns etwas später ums Lagerfeuer versammeln und leckere Steaks grillen, erzählt uns Robert, dass in den Wasserkanälen, die rings um uns verlaufen, kleine Krokodile leben. Wir können es zuerst nicht glauben, doch als er seine leuchtstarke Taschenlampe über die Wasseroberfläche gleiten lässt, und uns plötzlich dutzende Augenpaare anstarren, sind wir platt! Da liegen doch tatsächlich mindestens 10 kleine Krokodile in unmittelbarer Nähe unserer Grillstelle im Wasser und lauern dort auf Beute! Doch Roland beruhigt uns, denn die Krokodile sind nicht besonders groß und wir Menschen zählen daher nicht zu ihrer Beute. Naja gut, da haben wir aber nochmal Glück gehabt!
Auf diesem Wege möchten wir uns auch bei Artur & Irene, Norman & Esther sowie Roland noch einmal ganz herzlich für ihre Gastfreundschaft und die tolle Zeit in Filadelfia bedanken! Für uns wird es jetzt jedoch Zeit den unglaublich gastfreundlichen Motorradfahrer Paraguays Lebewohl zu sagen, denn auf uns wartet bereits das nächste Abenteuer. Wir folgen den Spuren des berühmt-berüchtigten Trans-Chaco-Highway durch die einsamen und menschenleeren Weiten des westlichen Paraguay bis nach Bolivien.
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Erhan (Donnerstag, 22 Oktober 2015 18:27)
Wie immer wunderbar geschrieben und jeder, der etwas Reisefeeling auf 2 Rädern besitzt, kann sich sofort in Euch hineinversetzen, was die Reiseberichte noch intensiver wirken lässt..
Aber bitte putzt eure Maschinen nicht zu sehr, dass sieht zu " GS-Like " aus..
Bye
Erhan
Chris (Mittwoch, 07 Oktober 2015 10:59)
Danke für diesen schönen Bericht. Ist immer wieder schön mit euch fahren zu dürfen, auch wenn es leider nur virtuell ist.
Gruß aus Bremen,
Chris