Reisebericht Chile
Einreise & Motorradimport:
Detaillierte Infos zu Einreisebestimmungen sowie zum temporären Fahrzeugimport findest du in unseren Länderinfos & Reisetipps Südamerika
Route:
Chaiten - El Amarillo - La Junta - Puyuhuapi - Villa Amengual - Coyhaique - Villa Cerro Castillo - Puerto Rio Tranquilo
Die Route auf der Google Karte dient der Übersicht und zeigt im Großen und Ganzen unsere gefahrene Strecke, im Detail kann es aber zu Abweichungen kommen.
Gefahrene Kilometer von Burghausen:
83.354 Km
Spritpreis:
1,10 € (93 Oktan)
Währung:
Chilenische Pesos
Probleme mit den Motorrädern:
- Motorrad geht während der Fahrt mehrfach aus, Stecker vom Ständerschalter korrodiert (Alperer)
Stürze/ Umfaller: -
Gesundheit/ Verletzungen: -
Während es für Anna am Morgen weiter in Richtung Norden geht, machen wir uns zusammen mit Sandra und Arto auf zum etwa 5 km vom Zeltplatz entfernt beginnenden Wanderweg. Der 1.222 m hohe Vulkan Chaitén ist im Jahr 2008 völlig unterwartet mit einer gigantischen Eruption ausgebrochen, deren Staub- und Aschewolke bis in 20 km Höhe katapultiert wurde und sich im Anschluss über viele hundert Kilometer ausgebreitet hat. Die heißen pyroklastischen Ströme, die sich entlang der Hänge um den Vulkan ergossen, haben die Vegetation in einem Umkreis von teilweise mehreren Kilometern völlig vernichtet. Auch der gleichnamige Ort Chaitén, der 10 Kilometer südwestlich des Vulkans liegt, wurde von einer 15 cm dicken Ascheschickt bedeckt und teilweise zerstört. Obwohl der Ausbruch mittlerweile sieben Jahre zurück liegt, befindet sich Chaitén nach wie vor noch im Wiederaufbau, der nur schleppend voran geht. Der Aufstieg ist wiedererwartend doch relativ lang und steil und hält gefühlte tausend Stufen für uns parat. Puh, da kommen wir trotz des nasskalten und windigen Wetters ganz schön ins Schwitzen!
Der Wanderweg führt uns durch einen Wald voller toter Bäume, die den Hang als riesige, knochenweiße Leichen überziehen. Ausgewachsene Bäume sind wie Streichholzer umgeknickt und zeugen von der massiven Wucht des Ausbruchs. Nur die frisch von unten aufwachsenden, leuchtend grünen Büsche und Sträucher verkünden von neuem Leben, dass sich sieben Jahre nach dieser gigantischen Naturkatastrophe langsam wieder im Bereich rund um den Vulkan ansiedelt. Etwa auf halber Strecke beginnt es immer wieder leicht zu nieseln. Eigentlich sind wir uns nicht sicher, ob es sich bei dem leichten Schauer tatsächlich um Regen handelt, oder einfach nur um die Feuchtigkeit der niedrig hängenden, tiefgrauen Wolke, die wir gerade durchwandern. Leider ist durch das schlechte Wetter auch die eigentlich fantastische Aussicht über die dicht bewaldete Ebene, das breite Flussbett zu unseren Füßen und die Meeresbucht bei Chaitén in einen weißlich-grauen Schleier gehüllt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir dann tatsächlich am Rand der Gipfelcaldera an und werden mit einer ziemlich spektakulären Aussicht auf den gut 3,5 km messenden Krater und die darin empor ragenden Lavadome belohnt, aus deren Flanken noch immer ordentlich heißer Dampf aufsteigt. Trotz des schlechten Wetters ist die Aussicht ziemlich beeindruckend und die dampfenden Schwaden lassen uns ein wenig erahnen, wie es sieben Jahre nach dem letzten Ausbruch des Vulkans in seinenem Inneren immer noch brodelt. Da der Wind hier oben ungebremst und in eisigen Böen über den Kraterrand hinweg fegt und es auch wieder leicht zu nieseln angefangen hat, beschließen wir so schnell wie möglich wieder abzusteigen. Leider sind wir beim teilweise recht steilen und rutschigen Abstieg wohl etwas zu flott unterwegs, so dass Bea irgendwann auf einem erdigen Stück Hang ausrutscht und schwungvoll auf ihrem Allerwertesten landet. Ups!
Zurück auf der Carretera Austral geht es erst einmal relativ gut voran, da die Strecke trotz des anhaltenden Regens zu unserer Freude nicht rutschig ist. Leider ändert sich das schlagartig, als wir nach einigen Kilometern ein weiteres Teilstück einer insgesamt gut 100 km langen Baustelle passieren. Hier werden gerade frische Erdarbeiten durchgeführt und Bagger graben die Straße gleich an mehreren Stellen um, die sich Dank des Regens nun in eine wahre Schlammschlacht mit teilweise ordentlich tiefen Pfützen verwandelt haben. Langsam rollen wir durch die entsprechenden Bereiche und es dauert nur wenige Minuten, dann sehen unsere Motorräder aus als hätten wir eine Runde Schlammcatchen mit ihnen gespielt.
Es dauert eine ganze Weile bis wir die restlichen gut 30 km der Großbaustelle passiert haben und auch die letzten Meter bevor der Teer wieder los geht, haben es noch einmal in sich, denn nun stoßen wir schließlich doch noch auf den dicken Schotter, der die Strecke über eine Länge von mehreren hundert Metern überzieht und vor dem uns schon einige andere Motorradreisende gewarnt hatten. Relativ ungalant eiern unsere Motorräder auf dem tiefen, losen Untergrund hin und her und vor allem Bea ist froh, als wir auch dieses Teilstück ohne unfreiwillige Umfaller hinter uns haben.
Nach so viel unerwartetem Abenteuer am frühen Vormittag machen wir am Ende der Baustelle erst mal eine Pause im Schutz einer kleinen, überdachten Bushaltestelle, die uns ein wenig vor dem nach wie vor anhaltenden Regen schützt. Die nächsten gut 200 Kilometer der Carretera Austral sind geteert, was uns angesichts der heutigen Wetterlage ziemlich freut und so rollen wir bei kalten Temperaturen und Dauerregen dick eingemummt in unsere Regenkombis und samt aller Schichten, die unser Motorradkombi zu bieten hat, weiter gen Süden.
Unsere Motorräder sehen aus als hätten wir Schlammcatchen mit ihnen gespielt
Von anderen Überlandreisenden hatten wir den Tipp bekommen, dass es gut 40 km vor Coyhaique einen netten kleinen Zeltplatz mit heißen Duschen und WiFi gibt. Da wir seit Tagen nur Kaltwasserduschen hatten und Helmut außerdem online einige Ersatzteile ordern muss, steuern wir den Campingplatz „Los Torres del Simpson“ an. (GPS: S45 25.463 W72 26.448) Natcho, der Besitzer des Zeltplatzes, heißt uns herzlich Willkommen und wir stellen unser Zelt neben den Schweizern Simone und Michi auf, die mit einem Landrover unterwegs sind (www.off-we-go.ch). Wir sind gerade dabei, unser klitschnasses Zelt zum Trocknen aufzuhängen als wir von Natcho zu einem gemeinsamen abendlichen Asado eingeladen werden. Ja, hier gefällt´s uns!
Zu unserer großen Freude bessert sich das Wetter gen Abend schlagartig und so erspähen wir den ersten blauen Himmel seit Tagen. Auch die Sonne lässt sich blicken und so steigen die Temperaturen endlich wieder in einen angenehmen Bereich. Auch der kleine Hundewelpe, der Natcho erst vor wenigen Tagen zugelaufen ist, findet das schöne Wetter und die vielen Camper super und Bea die alte Hundenärrin verliebt sich natürlich auf Anhieb in den kleinen Scheißer und würde ihn am liebsten in ihrem Tankrucksack mitnehmen!
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Wir verbringen einen sehr netten Abend in geselliger Runde, tauschen Reisegeschichten mit Simone und Michi aus und haben auch mit den anderen Campern einige sehr interessante Gespräche. Zu späterer Stunde versucht Natcho seine Gäste zu südamerikanischem Tanz zu animieren und auch wir beide müssen eine Runde unsere Hüften schwingen, wobei wir dabei wahrlich keine allzu gute Figur abgeben. Außerdem lernen wir das typisch chilenische Getränk „Pisco Sour“ kennen. Es besteht aus drei Teilen peruanischem Traubenschnaps, Pisco genannt, sowie je einem Teil Limettensaft, Zuckersirup und rohem Eiklar. Speziell letzteres finden wir eigentlich ziemlich eckelig, aber das Gebräu schmeckt wiedererwartend echt lecker! Die Nacht verbringen wir in Gesellschaft des niedlichen Hundewelpen, der uns bereits seit unserer Ankunft auf Schritt und Tritt gefolgt ist. Da Helmut angesichts der kalten Nachttemperaturen Mitleid mit der armen Hündin hat, baut er ihr kurzerhand ein Nachtlager in unserem Zelt. Oh je, ob das Mal gut geht. Hundewelpen sind ja nicht gerade für ihre gute Blase bekannt.
Zurück auf der Carretera Austral wird die unberührte patagonische Landschaft um uns herum trotz des heute wieder dicht bewölkten Wetters mit jedem Kilometer, den wir weiter nach Süden fahren, immer spektakulärer. Die Strecke windet sich entlang des breiten Gebirgsflusses Rio de las Sorpresas, dessen eisiges Wasser durch ein breites Flussbett voller Geröll, Schotter und Treibholz rauscht. Immer wieder bleiben wir stehen, machen hier einen Fotostopp und dort ein kurzes Video. Die Landschaft ist so rau, wild und atemberaubend, dass wir uns kaum daran satt sehen können. Gegen Mittag bessert sich dann auch das Wetter deutlich, die blauen Löcher in der grauen Wolkendecke nehmen zu und als wir schließlich den Lago General Carrera erreichen, strahlt sogar die Sonne vom nun fast wolkenlosen Himmel. Wir saugen förmlich die willkommene Wärme in uns auf und bestaunen die riesigen Gletscher, die sich in der Ferne empor heben, fahren entlang des Sees mit seinem strahlend türkisblauen Wasser und genießen die Fahrt in vollen Zügen.
Die patagonische Landschaft um uns herum wird mit jedem Kilometer spektakulärer
Schnell schlagen wir unser Zelt auf, schmeißen unsere Campingausrüstung hinein und verstauen unsere Wertsachen in den Motorrädern. Dann noch raus aus den Motorradklamotten und rein in die Trekkinghosen und schon düsen wir los. Von Puerto Rio Tranquillo aus fahren wir knapp 20 Minuten über den leuchtend türkisen See und genießen den Blick auf die schneebedeckten Berge, die am Horizont aufziehen und die südliche Seite des Sees einrahmen. Zuerst geht es mit unserem Boot in einige kleinere grottenartige Überhänge und wir müssen aufpassen, dass wir uns die Köpfe nicht an den messerspitzen Überhängen aus Marmor anschlagen, die von der Decke ragen.
Danach geht es weiter zur Hauptgrotte, die wegen ihrer Form „Catedral de Mármol“ also die „Kathedrale aus Marmor“ genannt wird. Leider sind außer unserem Boot noch zig andere Booten mit Touristen dort und so entsteht ein kleiner Stau und wir müssen immer wieder warten, bevor wir durch die verschiedenen kleineren Höhlen und Gänge fahren können. Auch für Fotoaufnahmen ist dieses Aufgebot an Touristenbooten nicht so toll, aber wir haben mittlerweile Hauptsaison und da wimmelt es selbst hier im abgelegenen Süden der Carretera Austral nur so von Touristen. Trotzdem ist der Anblick und das Farbenspiel aus dem strahlend türkisblauen, glasklaren Wasser sowie der vom stetigen Wellengang absolut glatt geschliffenen weißlich-hellgrauen Marmoroberfläche der Höhlen einfach spektakulär.
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Bea & Helmut (Donnerstag, 04 Juni 2015 01:28)
Vielen Dank euch beiden für das Lob für unseren neuen Reisebericht! Das freut uns sehr! :-)
@Joachim: du wirst lachen, wir haben uns schon bei so manch einer Aktion gedacht... für was ist das nur wieder gut.... und dann denken wir uns, vielleicht gibt´s zumindest etwas gutes Karma dafür! ;-)
@Tom: Tatsache! Das Bild zu deinem Link hätte auch unser Ausblick vom Vulkan sein können!
Tom/Oggy (Mittwoch, 18 März 2015 08:25)
Servus es zwoa,
danke für den neuen Bericht.
Die Vegetation erinnert mich stark an unseren Bayrischen Wald. Nur hatte hier kein Vulkan sondern der Borkenkäfer zugeschlagen.
http://2.bp.blogspot.com/-4u7D3RC9GcI/U_2syfI4pyI/AAAAAAAAE2s/y8e3pID4Q7I/s1600/2-Wandern_bayWald_20140823%2B(56).JPG
Und eure Bilder aus der Mormorhöhle: WOW! Das sieht wirklich sehr interessant aus. In 3D (echt) sieht es bestimmt noch spektakulärer aus.
Gruss aus R,
Tom
Joachim (Dienstag, 17 März 2015 21:57)
Dankeschön für die wahnsinns Bilder der Marmorgrotte und dafür dass ihr dem süßen Welpen Unterschlupf gewährt habt. Plus 50 Karmapunkte :-)